30 Jahre Intertec Components. "Ich habe keine Sorge um unser Geschäftsmodell"

Veröffentlichung - 2023 / 10

Intertec Components feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Angefangen hat damals alles mit dem Hollywood-Streifen »Wall Street«, erzählt CEO und Gründer Christian Peter. Er schildert uns außerdem, wie er derzeit den Markt für die freie Distribution sieht und erklärt, warum er nichts von EU-Chip-Subventionen hält.

Markt&Technik: Die Knappheit der letzten Jahre hat Intertec ein tolles Wachstum beschert. Die Verfügbarkeitslage entspannt sich jetzt zunehmend. Was heißt das fürs Geschäft?

Christian Peter: Seit Pandemiebeginn bzw. mit dem Tag des Lockdowns ging bei uns die Post ab mit teilweise fast beängstigend hohen Auftragswerten. Wie bei allen anderen freien Distributoren läuft das Geschäft aber in diesem Jahr schlecht.

Die klassische Vertragsdistribution meldete dieses Jahr wieder Umsatzrekorde. Wie passt das zusammen?

Auch wenn die klassische Franchise-Distribution im ersten Quartal 23 einen Umsatzrekord generiert hat, ist dennoch der Auftragseingang der Distribution um 50 Prozent runtergegangen. Nun warten wir auf die nächste »Season for Intertec«. Es gibt noch Ausreißer, aber derzeit bekommt man 80 Prozent der Bauteile wieder ganz normal und auch zu günstigen Preisen.

Wie managt man dieses Spannungsfeld zwischen Peaks und Downs?

Wir hatten das Glück, dass wir in der Niedrig- bzw. sogar Minuszinsphase waren. Die Kunden waren daher bereit, bei hohen Auftragswerten von mehreren Millionen Euro in Teil-Vorauskasse zu gehen. Wenn wir ein normales Zinsniveau wie jetzt gehabt hätten, wäre es schwierig gewesen.

Ist Vorkasse für Sie als freier Distributor üblich?

Im Normalfall haben wir andere Zahlungskonditionen. Vorkasse kommt nur in speziellen Fällen wie zum Beispiel eben erwähnt zum Einsatz.

Wie reagieren Sie dann mit der Personalpolitik auf den Downturn? Bauen Sie Personal ab?

Nein. Wir machen genau das Gegenteil. Wir kaufen Umsatzanteile durch Verkäufer, die wir uns über Headhunter holen. Wir stocken zudem in vielen Bereichen Personal auf, nicht nur im Sales. Wir haben beispielsweisevor Kurzem eine Inhouse-Rechtsabteilung aufgebaut.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie derzeit?

Etwa 40 bis 45 Mitarbeiter.

Und wann geht es aus Ihrer Sicht wieder aufwärts?

Ich sehe momentan schon einen leichten Turnaround. Ich bin derzeit sehr nah am Markt, sozusagen in Vertretung meiner Verkaufsleiterin, die sich noch in Elternzeit befindet. Das heißt, ich mache momentan viel Tagesgeschäft und spreche mit den Kunden. Und aus diesen Gesprächen gewinne ich den Eindruck, dass die Prognose für unser Geschäftsmodell sich schon wieder bessert. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Nachfrag esteigt, ist aus meiner Sicht hoch. Je länger es vor sich hin tröpfelt, umso deutlicher wird sie anziehen – und ich denke, das wird spätestens Anfang des kommenden Jahres der Fall sein.

Was macht Sie da so optimistisch?

Nehmen wir alleine das Beispiel der Cloud: Was die Cloud bzw. die Server für die Cloudkünftig an Bauteilen benötigen werden und was Firmen wie Microsoft darin investieren, ist beeindruckend. Und die fortschreitende Digitalisierung, 6G etc. – all das wird die Nachfrage nach Hardware antreiben.

Hat die freie Distribution an Stellenwert durch die Verfügbarkeitssituation der Pandemiejahre gewonnen?

Viele Kunden haben schon begriffen, dass sie hinten runterfallen, wenn sie mit ihrer Strategie, nur bei Franchise-Distributoren und Herstellern zu kaufen weitermachen und die Preise zahlen, die ihnen da serviert werden. Immer mehr EMS und auch OEMs sind zudem Schluss gekommen, dass man seine Beschaffung smarter aufstellen muss. Wenn ein Teil bei uns einen Euro weniger kostet als beiden Vertragsdistributoren, macht das für die Kunden einen großen Unterschied.

Wer sind denn die typischen Kunden von Intertec Components?

Unsere Hauptklientel besteht aus Händlern und OEMs. Zu unserem Kundenstamm zählen aber auch EMS-Dienstleister.

Sind Sie also mit Ihrem Geschäftsmodell der freien Distribution zufrieden oder muss justiert werden?

Wir hatten in der vergangenen Zeit so einen riesigen Umsatzzuwachs, weil wir als freier Distributor einen sehr guten Ruf genießen. Wir arbeiten fair und verlässlich. Wir stehen in engem Kontakt mit den Kunden, sind flexibel und suchen Lösungen. Bei den Franchise-Distributoren ist das nicht immer der Fall, wie uns die Kunden berichten. Da wird die Ware einfachmal gnadenlos geliefert, auch wenn sie der Kunde gerade nicht benötigt, oder der Kunde bekommt neue Liefertermine mitgeteilt, ohne dass das erklärt oder vorher besprochen wird. Außerdem gibt es innerhalb der freien Distribution verschiedene Ausprägungen. Das rein automatisierte Modell über eine Online-Plattform funktioniert aus meiner Sicht nicht. Man kann sehr viel automatisieren, aber muss sich dennoch als freier Distributor die Mühe machen, eine BOM nach Bauteilen zu analysieren, bei denen man stark ist, die Preise checken, in eine Liste eintragen, mit den Kunden kommunizieren etc.

...

(Markt & Technik 41/2023; WEKA Fachmedien GmbH)

PDF öffnen und vollständiges Interview lesen
×