Handelskrieg USA vs. China

Veröffentlichung - 2023 / 04

Der Handelskrieg der beiden größten Volkswirtschaften belastet die Weltwirtschaft sehr. Wo sitzen die Gewinner und wo die Verlierer? Wie geht Europa am besten damit um? Mit welchen Auswirkungen müssen wir rechnen, was den Handel auf dem europäischen Elektronikmarkt und unsere bereits gestörten Lieferketten angeht?

China – die aufstrebende Macht

Nach Ansicht vieler Experten ist Chinas Wirtschaft nicht mehr aufzuhalten, die der USA auf Platz eins in der Welt abzulösen. Demnach ist Präsident Xi Jinping fest entschlossen, seine Volksrepublik an die Weltspitze zu führen – sowohl wirtschaftlich, technologisch und sozial als auch ökonomisch. Genau das versucht US-Präsident Joe Biden zu verhindern.

Die Auswirkungen

Der Handelskrieg hat das Wachstum des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) signifikant eingebremst. In der Folge ist der Welthandel aufgrund der höheren Zölle, aber vor allem wegen der gestiegenen Unsicherheiten auf den internationalen Märkten geschrumpft. Letztere fallen dabei deutlich stärker ins Gewicht als alle Strafzölle. Unsicherheiten führen zu rückläufigem Konsumverhalten und sorgen tendenziell für hohe Lagerbestände und sinkende Preise.

Beispiel Chipindustrie

Die Halbleiterindustrie ist bekannt für ihre ausgeprägten Boom- und Bust-Zyklen. Aktuell leiden die Produzenten unter den Nachwehen der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine, der Inflation und noch immer weltweit gestörten Lieferketten. Das macht den aktuellen Einbruch noch schlimmer. Der Handelskrieg zwischen den USA und China trägt als negativer Verstärker seinen Teil dazu bei. In Sachen Produktentwicklung und -fertigung ist die Chipindustrie sehr komplex, kostenintensiv und außerdem abhängig von einer weltweit gut vernetzten Zusammenarbeit. Dem stehen die massiven Sanktionen der USA im Weg.

Amerikanische Sanktionen

So verweist das Weiße Haus, nachdem es eine Reihe von Blockaden gegen chinesische Solar- und Halbleiterunternehmen veranlasst hat, auf Menschenrechtsverletzungen in der Region Xinjiang. Erst vor Kurzem hat die Biden-Regierung neue Exportkontrollen für Mikrochips verabschiedet, die das Ziel verfolgen, Pekings technologischen und militärischen Fortschritt einzubremsen. Knappe Begründung: „Wir müssen das amerikanische Volk vor China schützen. Punkt.“ Das war für die Branche insofern ein Schock, als sie amerikanischen Unternehmen verbieten, sich an chinesischer Halbleiterherstellung zu beteiligen.

Die Situation Europas

Während das Pentagon China aktuell als größte geopolitische Bedrohung definiert, nehmen auch die Irritationen über die Europäer zu. Diese grenzen sich nach Ansicht der USA nicht schnell genug von China ab. Allen voran sehen die Amerikaner die Verflechtung der deutschen mit der chinesischen Wirtschaft kritisch. Die USA erwarten nun, dass ihre europäischen Partner mitziehen. Sollte China Taiwan angreifen, wollen die USA, dass sich die Europäer zu konkreten Sanktionen verpflichten.

Nach Überzeugung einiger China-Experten geht es Joe Biden darum, Xis strategische Erwägungen zu beeinflussen. Konkret müsse das Kosten-Nutzen-Kalkül des chinesischen Machthabers so verändert werden, dass der durchaus pragmatisch eingestellte Staatschef selbst zu dem Schluss kommt, dass die Kosten einer Gewaltanwendung gegen Taiwan schlicht zu hoch sind.

Amerikas Inflation Reduction Act

Mitte August vergangenen Jahres unterzeichnete Joe Biden mit dem Inflation Reduction Act of 2022 (IRA) ein Gesetz, das der hohen Inflation entgegenwirken, in erster Linie jedoch den Klimaschutz in den USA vorantreiben soll. In der EU hat das neue Gesetz Sorgen über die Zukunft des Investitionsstandorts Europa ausgelöst. Denn die großen Subventionen, die das US-amerikanische Gesetz vorsieht, gibt es nur für „Made in America“. Damit wollte Biden ursprünglich vermeiden, mit US-Steuergeldern die chinesische Industrie zu unterstützen. Die EU fürchtet jetzt, Investitionen aus Europa könnten in die USA abfließen. Laut einer Umfrage des DIHK wollen fast 40 Prozent der deutschen Unternehmen mehr in den USA investieren

Chinas neue Seidenstraße

Die Bedenken der USA mit Blick auf die Vormachtambitionen der chinesischen Führung sind nicht aus der Luft gegriffen. Seit 2013 lanciert China Projekte zum Auf- und Ausbau interkontinentaler Handels- und Infrastruktur-Netze mit über 60 weiteren Ländern Afrikas, Asiens und Europas. Mit Seidenstraßen-Projekten erschließt die Volksrepublik Märkte, knüpft Seilschaften und schafft Abhängigkeiten.

EU: Global Gateway kein Kampfinstrument

Als europäische Antwort auf die Bestrebungen Chinas hat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen mit Global Gateway eine globale Infrastrukturoffensive der Europäischen Union vorgestellt. Im Systemwettbewerb mit China versprach von der Leyen einen Team-Europe-Ansatz und will 300 Milliarden Euro mobilisieren, um weltweit Schienen, Datenkabel und Stromtrassen verlegen zu lassen und so den Einfluss zurückzudrängen, den China mit seiner Seidenstraßen-Initiative ausübt.

Mittlerweile ist in der chinesischen Führung die Erkenntnis gereift, dass Global Gateway nicht als Kampfinstrument konzipiert ist. Drittländer haben nämlich die Möglichkeit, sowohl mit China als auch mit Europa Projekte zu realisieren und müssen sich nicht für eine Seite entscheiden.

Lösungsansätze

Der Handelskrieg zwischen den USA und der Volksrepublik China produziert viele Verlierer. An erster Stelle stehen die Weltwirtschaft und der Fortschritt in Schlüsseltechnologien wie Mikrochips. Das bekommt jetzt auch Europa zu spüren – und sollte deshalb auf mehr Eigenständigkeit setzen. Die EU ist für China ein äußerst wichtiger Wirtschaftspartner, vor allem im Bereich Hochtechnologie. Kooperationsmöglichkeiten mit dem neuen Seidenstraßen-Projekt sind denkbar. Allerdings ausschließlich mit europäischen Standards.

Dasselbe gilt für die USA. Wünschenswert wäre eine pragmatische Herangehensweise, immerhin teilen Washington und Peking viele strategische Interessen: Klimapolitik, das Eindämmen von Hungerkrisen, ein Ende des Ukrainekriegs und der nuklearen Bedrohung durch Nordkorea. Diese sind eine ideale Basis, um endlich zielführende Verhandlungen aufzunehmen.

(Inhouse-Text)

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